Verfassunggebende Versammlung

Verfassunggebende Versammlung ist ein staatsrechtlicher und politikwissenschaftlicher Begriff. Eine Verfassunggebende Versammlung ist eine außerordentliche politische Institution, manchmal auch Verfassungskonvent genannt,[1] welche temporär eingerichtet worden ist und eingerichtet werden kann, um einem Staat eine erste oder wieder eine neue Verfassung zu geben. Sie ist – als Ausdruck des pouvoir constituant – im Besitz der verfassunggebenden Gewalt des Volkes.

Bedeutende historische Beispiele zeigen, dass sich verfassunggebende Versammlungen meistens in einem revolutionären Umfeld konstituiert haben.[2] Die erste verfassunggebende Versammlung auf deutschem Boden fand am 24. März 1525 im oberschwäbischen Memmingen statt. Hierbei wurde die Bundesordnung von den aufständischen Bauern im Bauernkrieg verfasst.

Der Begriff Verfassungsgebende Versammlung (mit Fugen-s) ist weit verbreitet, aber umstritten.[3][4]

  1. Der Begriff „(Verfassungs-)Konvent“ wird in der Literatur mit unterschiedlicher Bedeutung verwendet. In Wendungen wie Nationalkonvent oder Philadelphia Convention ist „Konvent“ synonym zu „Verfassunggebende Versammlung“; in Wendungen wie Verfassungskonvent auf Herrenchiemsee und Europäischer Konvent wird der Begriff „Konvent“ in der Bedeutung von „verfassungsberatende Versammlung“ benutzt. In letzterem bedarf der Verfassungsentwurf einer zusätzlichen Ratifikation, z. B. durch Volksentscheid, bevor er als neue Verfassung in Kraft treten kann.
  2. In ihrem Buch Über die Revolution untersucht die politische Theoretikerin Hannah Arendt die Frage der Legitimierung Verfassunggebender Versammlungen und wie es zu solchen Versammlungen kommt. Dabei arbeitet sie die Unterschiede im revolutionären Entstehungsprozess der amerikanischen Verfassung und der Französischen Verfassung heraus. Anders als im Fall der französischen Verfassung wurde die Verfassung in den Vereinigten Staaten 1787 Abschnitt für Abschnitt bis in alle Details mit lebhafter Bürgerpartizipation in town hall meetings und Länderparlamenten durchdiskutiert und mit Zusatzartikeln ergänzt. Eine wichtige Rolle spielten dabei die berühmten Federalist Papers, 85 Zeitungsartikel, in denen die Verfassungsautoren ihren Entwurf einer indirekten Demokratie verteidigten.
  3. Die Gesellschaft für deutsche Sprache hält „Verfassungsgebende“ ebenso für vertretbar. Antwort des Petitionsausschusses auf eine gegen die Entfernung des Fugen-s gerichtete Petition: Fugen-s bleibt! (Memento vom 19. Juli 2011 im Internet Archive) blog.tessarakt.de
  4. Bundestag muss jahrzehntealten Grammatikfehler im Grundgesetz korrigieren. Spiegel Online, 2. Oktober 2004.

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